„Laryngektomie“ bedeutet „Kehlkopfentnahme.“ Eine Amputation des Kehlkopfes kann bei Kehlkopfkrebs notwendig werden. Der Kehlkopf stellt die Kreuzungsstelle zwischen Luft- und Speiseröhre dar. Sein oben am Kehlkopf befindlicher Kehldeckel arbeitet wie eine Weiche: beim Atmen und beim Sprechen steht der Kehldeckel geöffnet und lässt ungehindert die Atemluft durch den Kehlkopf und die darunter beginnende Luftröhre ein- und ausfließen. Beim Schlucken wird der Kehldeckel über den Kehlkopfeingang gelegt, so dass der Speisebrei über den Kehldeckel hinweg in die hinter dem Kehlkopf beginnende Speiseröhre rutschen kann. So wird verhindert, dass Nahrung in die Luftröhre gelangt. Wenn eine Kehlkopf-Amputation notwendig wird, ist diese Weichen-Funktion anschließend nicht mehr gewährleistet. Es muss eine künstliche Trennung von Luft- und Speiseweg herbeigeführt werden. Dazu wird bei der Operation die Speiseröhre am Ende des Rachens befestigt und die Luftröhre gekürzt. Das Ende der Luftröhre führt nun zu einer Atemöffnung (Tracheostoma) am unteren Hals. Da die Luftröhre nun am unteren Hals endet, kann durch den Rachen-, Mund- und Nasenraum keine Luft mehr strömen. Die Stimmgebung ist somit nicht nur deshalb nicht mehr möglich, weil die im Kehlkopf befindlichen Stimmbänder nicht mehr vorhanden sind, sondern zusätzlich aus dem Grund, dass die für das Sprechen nötige Ausatemluft nicht mehr im Mund zur Verfügung steht. Zudem sind sämtliche Funktionen, für die ein Luftstrom im Mund- und Nasenraum zur Verfügung stehen muss, für Laryngektomierte nicht mehr möglich, z.B. Nase putzen, riechen, pusten, pfeifen, teilweise auch schmecken,... . Da die Atemluft bei der Einatmung nun nicht mehr durch die Nase strömen kann, kommt sie schmutziger, kälter und trockener in der Lunge an; schließlich hat die Nase die Funktion der Filterung, Anwärmung und Anfeuchtung. Die Folge ist, dass nahezu alle Laryngektomierten über verstärkte Verschleimung und Infektanfälligkeit klagen. Es gibt eine Operationsmethode, bei der zwischen der verkürzten Luftröhre und der Speiseröhre eine Verbindung hergestellt wird (Einsatz eines Shunt-Ventils). Diese Verbindung wird so gestaltet, dass es nicht möglich ist, dass geschluckter Speisebrei in die Luftröhre und somit in die Lunge gelangt, dass es aber möglich ist, Ausatemluft über den Umweg der Speiseröhre doch in den Rachen-, Mund- und Nasenraum zu bringen.
|
 |
|
Nach Entfernen des
Kehlkopfes kann der Patient den Umgang mit einer Ersatz-Stimme erlernen.
Zusätzlich zu dieser typischen Arbeit an Sprechen und Stimme erfolgen in der
logopädischen Behandlung jedoch auch Hilfe zur Krankheitsbewältigung (auch
seelisch) sowie die Beratung über den Umgang mit den neuen Gegebenheiten.
In Bezug auf das
Sprechen sind folgende Ersatz-Stimmen erlernbar:
Pseudoflüstern:
Beim Pseudoflüstern
artikuliert der Patient mit dem Wenigen an Luft, das von außen in den Mundraum
gelangen kann. Eine Stimmgebung ist nicht möglich. Gewisse Laute können nicht
verständlich gebildet werden. Dazu gehören die Vokale und Umlaute sowie die
Laute „h, w, j, l, m, n“. Das Verstehen kann nur durch sehr deutliche
Artikulationsbewegungen, durch den zusätzlichen Einsatz von Mimik und Gestik
sowie durch günstige Umbedingungen gesichert werden.
Sprechen mit
elektronischer Sprechhilfe:
Eine elektronische Sprechhilfe ist ein kleiner Tongebungs-Apparat, dessen
Membran von außen an den Mundraum gehalten wird, z.B. an den Mundboden oder an
die Wange.
Bestenfalls ist der Hauptanteil des Tons anschließend im Mundraum zu hören.
Der Patient artikuliert dann zu dieser künstlichen Stimme, wodurch Worte und
Sätze entstehen.
Durch Schwellungen nach der Operation oder durch Vernarbungen ist es jedoch
nicht bei jedem Patienten möglich, eine günstige Ansatzstelle für den
Sprechapparat zu finden, wodurch der störende Klang des Gerätes auch außerhalb
des Mundraumes hörbar ist.
Ein weiterer Nachteil der elektronischen Sprechhilfe ist die eintönige,
„roboterähnliche“ Stimme, die oft als befremdlich empfunden wird. Zwar gibt es
inzwischen Apparate, die über zwei unterschiedliche Tonhöhen verfügen, doch der
Umgang damit erfordert viel Übung und erzielt doch meist nur ein wenig
befriedigendes Ergebnis.
Zum Gebrauch einer elektronischen Sprechhilfe ist außerdem eine Hand immer zum
Anhalten des Gerätes erforderlich.
Der Vorteil der elektronischen Sprechhilfe ist eindeutig in der ersten
Möglichkeit zur Kommunikation nach der Operation zu sehen. Viele Patienten
berichten zudem, beim Telefonieren seien sie für den Gesprächspartner mit Hilfe
der elektronischen Sprechhilfe besser zu verstehen als mit der
Speiseröhren-Stimme.
Die Aufgaben der logopädischen Behandlung erstrecken sich in Bezug auf
elektronische Sprechhilfen zunächst einmal auf das Finden der günstigsten
Ansatzstelle, dann auf die Förderung der Eigenwahrnehmung des Patienten, auf den
flexiblen Umgang, zum Beispiel mit den zwei unterschiedlichen Tonhöhen, die für
Betonungen genutzt werden können, etc.
Speiseröhren-Stimme:
Da der einzige Zugang
zum Mundraum bei Laryngektomierten durch die Speiseröhre verläuft, muss der
Patient lernen, diese zur Stimmgebung zu nutzen. Der obere
Speiseröhren-Ringmuskel („oberer Ösophagus-Sphinkter“) ist in der Lage, Töne zu
bilden, wenn aus der Speiseröhre Luft angeblasen wird.
Der Vorteil der
Speiseröhren-Stimme im Vergleich zu einer elektronischen Sprechhilfe liegt
darin, dass zumindest eine leichte Stimm-Melodie erzeugt werden kann, dass man
beide Hände während des Sprechens frei hat und dass man nicht auf die Funktion
eines elektrischen Gerätes angewiesen ist.
·
Speiseröhren-Stimme ohne
Shunt-Ventil (sog. „Ructus“):
Wenn keine operative Verbindung zwischen Luft- und Speiseröhre erfolgt ist, muss
der Patient zunächst lernen, Luft in die Speiseröhre einzudrücken. Diese Luft
muss er dann erlernen, dosiert wieder nach oben abzugeben. Der durch diesen
Luftstrom am Ende der Speiseröhre erzeugte Ton kann anschließend durch die
Artikulationsbewegungen von Zunge und Lippen zu Worten und Sätzen geformt
werden.
Das Erlernen dieser Stimmgebung und Sprechweise erfordert viel Übung und ein
hohes Maß an Selbstwahrnehmung, da die Spannungsverhältnisse von
Speiseröhren-Muskel und Artikulationsorganen sehr fein aufeinander abgestimmt
sein müssen, um ein befriedigendes oder gar gutes Stimm-Ergebnis zu erzielen.
·
Speiseröhren-Stimme mit
Shunt-Ventil:
Wenn während der Operation eine Verbindung zwischen Luft- und Speiseröhre
hergestellt wurde, muss der Patient zum Sprechen die Atemöffnung am Hals
abdichten, so dass die Luft aus der Luftröhre in die dahinter befindliche
Verbindung zur Speiseröhre strömen kann. Die Ausatemluft gelangt so an den
oberen Speiseröhren-Muskel, der sodann zu schwingen beginnt, wodurch ein Ton
entsteht, der dann wiederum zu Worten und Sätzen geformt werden kann.
Es gibt auch Aufsätze für die Atemöffnung, die bei verstärktem Anblasedruck aus
der Lunge einen automatischen Verschluss der Atemöffnung bewirken. Dann kann der
Patient auch sprechen, ohne mit einer Hand das Tracheostoma abdichten zu müssen.
In der logopädischen Behandlung erlernt der Patient den richtigen Umgang mit dem
Shunt-Ventil. Auch hier müssen die Spannungsverhältnisse der Muskeln fein
aufeinander abgestimmt sein.
Der Vorteil des Shunt-Ventils ist, dass dem Patienten längere Sprechphasen
möglich sind. Er spricht immerhin mit seinem uneingeschränkten Lungenvolumen,
während er bei der Variante ohne Shunt-Ventil immer nur kleine Mengen an Luft in
die Speiseröhre aufnehmen kann, die er dann zum Sprechen verwendet. Nach wenigen
Silben muss hier erneut Luft eingedrückt werden, was den Sprechablauf
unterbricht.
|